Geschichte der alten Sauerkrautfabrik

Nähert man sich Wesselburen, dem traditionsreichen Zentrum der Nordermarsch auf halbem Wege zwischen Heide und Büsum, so erhebt sich aus der flachen Marsch nicht nur schon von weitem sichtbar, die alte wuchtige Kirche mit dem einzigartigen Zwiebelturm auf ihrer hohen Wurt, sondern auch gleich am südlichen Ortseingang ein imposantes Gebäude von architektonischer Eleganz: die „Historische Fabrik“.

Im ersten Moment scheint dem Betrachter die Zeit stehen geblieben zu sein, so sauber und farbenprächtig ist die Gründerstil-Backstein-Fassade, so gut erhalten die Dächer, so filigran die Struktur der weißen Rundbogenfenster: ein Kulturdenkmal ganz besonderer Art.

Dieses Gebäude wurde 1865 von dem Belgier Charles de Vos als Zuckerfabrik erbaut. Von 1878 bis 1909 war der Ökonomierat Bernhard Schröder neuer Besitzer der Zuckerfabrik. Im Jahre 1909 wurde die Zuckerfabrik wegen Unrentabilität geschlossen. Statt Rüben wurde jetzt Kohl angebaut.
Im Laufe der Zeit wurde Dithmarschen das größte zusammenhängende Kohlanbaugebiet Europas. Dadurch entstanden viele Sauerkrautfabriken.
In den ehemaligen Gebäuden der alten Zuckerfabrik hatten sich kleine Konservenbetriebe niedergelassen.
1948 erwarb die Familie Philipp das Gebäude mit Gelände und baute es zu einer modernen Sauerkraut-Konserven-Fabrik aus.

Um die historischen Gebäude mit einer Grundfläche von 2.500 qm und einer Geschoßfläche von ca. 6.500 qm sind im Zuge der über hundertjährigen industriellen Nutzung weitere Bauten gewachsen. Von den Eigentümern wurden angrenzende landwirtschaftliche Flächen dazugekauft, so dass der gesamte Gebäudekomplex nunmehr 55.000 qm Grundfläche und ca. 13.000 qm überdachte Fläche umfasst.
Bis 1995 produzierten über 120 Mitarbeiter zuletzt bis zu 10 Mio. Verpackungseinheiten Sauerkraut, Gemüse und Feinkostartikel. Bis zu 50 Landwirte lieferten Gemüse an, das nach der Verarbeitung bundesweit über viele Reformhäuser und Naturkostläden vermarktet wurde. Auch ins europäische Ausland und bis nach Kanada, USA und Japan reichten die Handelsbeziehungen. Die Fabrik war spezialisiert auf biologisch angebaute Rohstoffe und betrieb jahrelang einen eigenen Biohof mit ca. 70 ha Ackerfläche.

Dann jedoch lief die letzte Dose vom Band. Der Betrieb musste stillgelegt werden. Die Ansiedlung eines neuen Industriebetriebes scheiterte an der Schwäche der örtlichen Wirtschaftsstruktur und den fehlenden Abwasserkapazitäten des Ortes. Seitdem bemühte sich die Familie Philipp, das Gebäude zu erhalten.

Wichtig war auch die Gründung eines Fördervereins, der unter dem Dach des „Kohlosseums“, die Krautwerkstatt, einen Bauernmarkt und ein Kohlmuseum integriert hat.

2007 hat die Familie Philipp das gesamte Gelände an eine Investmentgesellschaft verkauft.